Zur Bürgerschaftssitzung am 01.02.2021 hatte die Verwaltung die Beschlussvorlage BV-V/07/0248-0-03 eingebracht, mit der die Bürgerschaftsmitglieder über das Gemeindliche Einvernehmen zum Bauantrag „Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage Stralsunder Straße 47/ Ecke An der Bleiche“ abstimmen sollten. Zu dieser Abstimmung ist es auf der Bürgerschaftssitzung allerdings nicht gekommen.
Der Tagesordnungspunkt wurde auf Drängen der Baudezernentin kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen. Am Tag der Bürgerschaftssitzung war bei der Stadt Greifswald ein Schreiben vom Innenministerium eingegangen, das - soweit uns bekannt - juristische Hinweise zur Praxis des Gemeindlichen Einvernehmens der Stadt Greifswald enthält. Die Fraktionen wurden durch den Bürgermeister und seine Stellvertreterin ca. 20 Minuten vor Sitzungsbeginn darüber in Kenntnis gesetzt. Es gab für die Fraktionen also kein angemessenes Zeitfenster, die neuen Informationen zu lesen oder zu bewerten. Ohne den Inhalt des Schreibens zu kennen und abschätzen zu können, welche Auswirkung sich ggf. daraus ergeben, folgte die Mehrheit der Fraktionen der Bitte von Frau von Busse und Herrn Fassbinder, sodass es nicht zur Abstimmung kam.
Aus Sicht der Bürgerinitiative Steinbecker Vorstadt ist es sehr bedauerlich, dass die Fraktionen damit die Chance vertan haben, ihre Einschätzung zum Vorhaben in Form einer Abstimmung zum Ausdruck zu bringen. Ob juristisch relevant oder nicht - eine Abstimmung hätte ein starkes Signal des politischen Gremiums sein können. Ob die Mitglieder der Bürgerschaft nochmal die Möglichkeit erhalten werden, über eine Abstimmung die Stadtentwicklung der Steinbecker Vorstadt Mitzubestimmen, ist auf Grund des fortschreitenden Baugenehmigungsverfahren und der Corona- Entwicklungen fraglich.
Was bleibt, sind die vertane Chance und die seltsamen Umstände, unter denen das Thema von der Tagesordnung genommen wurde. Das Herstellen des Gemeindlichen Einvernehmens ist seit Jahren gängige Praxis in Greifswald und wurde bisher nicht in Frage gestellt. Aber plötzlich - bei einem Bauvorhaben an prominenter Stelle, bei dem es um Geld, um Perspektiven der Stadtentwicklung und um Bürgerbeteiligung geht - stellt die Stadtverwaltung selbst ihre üblichen Verfahrensabläufe in Frage und hat es damit geschafft, eine Bürgerschaftsabstimmung in buchstäblich letzter Minute zu verhindern.
Es wird zu klären sein, wieso das Schreiben die Änderung der Tagesordnung erforderlich machte und welche Bedeutung es für die bisherige Beteiligungspraxis der politischen Gremien der Stadt hat. Der Bürgerinitiative Steinbeckervorstadt erscheint dieses Vorgehen als ein weiterer Beleg für den enormen Einsatz, mit dem das Bauamt das geplante Vorhaben trotz aller Kritikpunkte und Bedenken unterstützt. Und es erweckt den Eindruck, dass politische Gremien hier weiterhin außen vor gelassen werden sollen.